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Mittwoch, 13. Oktober 2021
– Blick in die Zukunft der Mobilität
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Die Deutsche Bahn AG bzw. die S-Bahn Hamburg
beteiligen sich am ITS-Weltkongress mit den Projekten
„ATO over ETCS“, „Sensors4Rail“ und dem „Ideenzug“, aufbauend auf dem
Projekt „IdeenzugCity“. In den Messehallen wurde dazu ein Stand
aufgebaut, welcher die drei Projekte zusammenbrachte. Der interessierte
Besucher konnte in einem Simulator seine ATO-Fahrt durchführen,
nachgebildete Elemente des Ideenzuges betrachten und einen
ersten Eindruck des Vorbildzuges gewinnen.
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Die ZF Friedrichshafen AG bringt im
Zuge der neuen Ideen zur autonomen Mobilität ebenfalls
Personentransportsysteme auf den Markt, hier der GRT 3 von 2getthere. In Mannheim und
Friedrichshafen sollen diese Fahrzeuge schon bald den autonomen Betrieb
aufnehmen.
In einer Pressemeldung schreibt die IWT Wirtschaft und Technik GmbH: Ziel des Projektes „Reallabor für den
Automatisierten Busbetrieb im ÖPNV in der Stadt und
auf dem Land“ – kurz „RABus“ – ist es, die Entwicklung von elektrischen
Busshuttles hin zum autonomen Level-4 zu erforschen. In den Reallaboren
in Mannheim (Fokus: innerstädtischer Mischverkehr) und
Friedrichshafen
(Fokus: Überlandbetrieb) soll bis Ende 2023 ein weitgehend
wirtschaftlicher ÖPNV-Betrieb mit elektrifizierten und
automatisierten
Fahrzeugen u.a. mit attraktiven Fahrgeschwindigkeiten erprobt werden.
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Das erst 2017 von Absolventen der
Technischen Universität Tallinn (TalTech)
gegründete Startup Auve Tech aus Litauen zeigte das
wasserstoffbetriebene Shuttle Iseauto.
Das autonome Shuttle bietet Platz für sechs bis acht Passagiere,
das Leergewicht beträgt 1.250 kg, das Gesamtgewicht 1.925 kg. Der
Elektromotor an der Hinterachse leistet 25 kW, die Batterie ist mit
einer Kapazität von 16 kWh ausgestattet und maximal 25 km/h werden
erreicht.
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In Lauenburg wird seit 2019 das TaBuLaShuttle (Testzentrum für
automatisiert verkehrende Busse im Kreis Herzogtum Lauenburg)
betrieben, für den Betrieb zeichnen die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH)
verantwortlich, zum Einsatz kommt ein Fahrzeug des französischen
Herstellers Navya vom Typ
Arma.
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Völlig futuristisch kommt das U-Shift Driveboard daher.
Kernstück
ist das autonome, U-förmige Antriebsmodul. Dieses fährt
mithilfe
mehrerer eingebauter Batterien, welche 24 Stunden laufen sollen, rein
elektrisch. In das sogenannte Driveboard integriert ist ein Hubsystem,
wodurch autonom verschiedene Kapseln aufgesetzt werden können –
für
Einzelpersonen, Gruppen oder auch Waren. Setzt sich das autonome
Fahrmodul etwa mit einer „Personen-Kapsel“ zusammen, kann es als Bus
oder Taxi den öffentlichen Personennahverkehr unterstützen.
Mit der
„Cargo-Kapsel“ lassen sich Pakete oder andere Güter
transportieren. Ein
Video zum U-Shift-Projekt des Deutsches
Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) findet sich hier.
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Lkw-Verkehr gehört zwar nicht
zum
öffentlichen Personenverkehr, aber einen Lkw mit Stromabnehmern
sieht
man nun auch nicht jeden Tag – sie kommen derzeit auf der Pilotstrecke
des eHighway zwischen
Reinfeld und Lübeck auf der A1 zum Einsatz.
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Zweimal täglich wurde die
„Future
Rail Experience“-Tour durchgeführt. Am Hp Dammtor sammelte der
„ATO
over ETCS“-Zug die Teilnehmer ein und brachte sie nach Bergedorf.
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Der Tz 4051 ist einer von vier
ETCS-Zügen der BR 474/874 und war 2016 als erster Zug der zweiten
Serie
474/874 in Neumünster modernisiert worden und ist seit Februar
2020
Erprobungsträger für die ETCS-/ATO-Technik.
Die Triebwagen zeigen sich mit klassischer Innenausstattung, die auf
effiziente Innenraumnutzung ausgelegt ist. Für die Unternehmen
waren bisher
Sitzplatzzahl bzw. die maximale Fahrgastkapazität entscheidende
Kriterien für die Fahrzeugausstattung – Aussschreibungen machen
genaue
Vorgaben und Neufahrzeuge werden entsprechend den Vorgaben der
Besteller zugeschnitten. Nicht selten stoßen später im
realen Betrieb die
umgesetzten Vorgaben der Aufgabenträger an die Grenzen der zur
Verfügung stehenden Fahrzeugkapazität, führen zu
Überfüllungen und ggf.
teuren Nachverhandlungen.
Doch nachdem was im Zuge der neuen Mobilitätsideen entwickelt
wird,
werden sich diese Prämissen in absehbarer Zeit ändern
müssen. Neue
„Landschaften“ werden in den Zügen entwickelt, zugeschnitten auf
die
einzelnen Kundengruppen und deren Wünsche bzw. Bedürfnisse.
Gestaltung
braucht Platz, welcher dann nur noch bedingt den Kapazitäten
angerechnet
werden kann. Hier werden die Aufgabenträger abwägen
müssen, was sie
finanzieren wollen und können.
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Bei einem Werkaufenthalt in
Neumünster hat der Tz 4051 im Frühjahr 2020 im Mittelwagen
eine neue
Gestaltung erhalten und dient künftig als „Ideenzug S-Bahn
Hamburg“.
Die DB beschreibt den Hamburger Ideenzug folgendermaßen:
Großformatige Displays bieten Echtzeit-Informationen zu
Anschlüssen und
alternative Verbindungen. Beim Halt im Bahnhof zeigen Bildschirme
über
den Türen abhängig von der Position des Zugs den schnellsten
Weg zum
Bahnhofsausgang. Flexible
Stehlounges und zusätzliche Sitze in den Viererabteilen
ermöglichen
mehr Kapazität, insbesondere zu Stoßzeiten. Eine
Co-Working-Area mit
Arbeitstheke, W-LAN und Stromanschlüssen bietet mehr Komfort
für
schnelle Erledigungen während der Fahrt.
Bildlich
sieht das dann so aus: Rechts eine
neugestaltete Sitzlandschaft, die von den seit rund 35 Jahren in
Deutschland üblichen Systemsitzen Abschied nimmt und wieder zum
klassischen Sitzmöbel zurückfindet. Links die
Arbeitsfläche und die
Stehflächen. Welche Ansätze der im Juli 2021 vorgestellte
IdeenzugCity vorstellt – der auf der Hamburger S-Bahnlinie S21
spielt – ist in diesem Video
der DB zu sehen.
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So stellen sich die Planer die
Nutzung der Arbeitsfläche vor: entspanntes Arbeiten am Stehtisch
mit
dem Notebook. Der Alltag ab Dezember wird zeigen, welche Nutzungen der
Bahnfahrgast für die Arbeitsflächen real entwickeln wird.
Bemerkenswert
die neuartigen, hauchdünnen Seitenscheibendisplays mit LCD-Folien,
auf
denen neben
aktuellen Informationen auch der Linienverlauf und die der aktuelle
Standort eingeblendet werden kann.
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Neue Wege bei der
Fahrgastinformation: Längst ist eine Vielzahl von vernetzter
Informationen vorhanden – offen blieb bisher die Frage wo sollen die
Informationen angezeigt werden und wie werden sie zur Verfügung
gestellt. Zum ITS-Kongress wurde eine neue Fahrgastinformation
des Hamburger Verkehrsverbundes (hvv)
vorgestellt, die diese Vernetzung aufnimmt.
Aktuelle Betriebsstörungen, Echtzeit-Anschlussinformationen
auch zu anderen Verkehrsmitteln, Ausgangsinformationen der
nächsten
Haltestelle können im Zug auf den Displays dargestellt werden.
Hier ein
Display, welches diese Informationen anstelle der aufgeklebten
Liniennetzpläne anzeigt – glücklicherweise war der
umgestürzte Baum
zwischen Berliner Tor und Bergedorf nicht real, sondern nur eine
Simulation der Möglichkeiten.
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Anstelle der „Perlschnüre“
sind im
874 051 Displays installiert, welche in Echtzeit die Fahrtinformationen
darstellen. Der aktuelle Standort wird mit den prognostizierten
Ankunftszeiten dargestellt, je nach Bedarf erscheint auf dem Display
auch der Bahnsteig mit Wegweisern und Lage der Ausgänge der
Position im
Zug beim Halt.
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Das Hauptaugenmerk im Zug lag
natürlich auf dem automatischen Fahrbetrieb „ATO over ETCS“.
Zwischen
Berliner Tor und Rothenburgsort wechselt der Zug nach erfolgreicher
Aufnahme in die ETCS-Führung an der Billequerung in den ATO-Modus.
Der
Tf drückt dazu den blinkenden Taster ATO und überlässt
anschließend die
weitere Steuerung dem Zug. Der Zug errechnet die erforderliche Fahr-
und Bremsdynamik aus allen Strecken- und Fahrplandaten und
fährt entsprechend vorausschauend. Die Bremsvorgänge waren
bemerkenswert weich und präzise.
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Würden alle Teilnehmer dem
Lokführer über die Schulter schauen, würden sich alle
an einer Tür dicht drängeln – so wurden die Livebilder aus
dem
Führerraum und der Moderation auf die Monitore des
Fahrgastfernsehens
aufgespielt. Der Zug erreicht Bergedorf.
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In Bergedorf kehrt der Zug
vollautomatisch ohne einen Triebfahrzeugführer an Bord, seitens
SIEMENS
wird das Prinzip erläutert. So manchem Fahrgast ist das aber erst
einmal recht egal, er möchte nur pünktlich in Richtung
Aumühle
weiterreisen können…
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Der Tf hat den Zug verlassen und
übergibt ihn der ATO-Steuerzentrale. Durch die fehlende
Überwachung des
Fahrweges unterstützt der Tf den im Stellwerk sitzenden
Tf-Kollegen,
welcher den Kehrbetrieb anstößt und technisch
überwacht.
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Es ist soweit, ohne einen Menschen
an Bord fährt der (am 27.
Oktober
2021 von der Europäischen
Eisenbahnagentur ERA formal zugelassene Zug [nachgetragen am 13. November 2021,
Anm. -red]) der BR 474.4 in Bergedorf
vollautomatisch in die Kehre. Bei
U-Bahnbetrieben längst Standard, bei der Eisenbahn mit offenen
Systemen
Neuland.
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Die ETCS-Signale werden in in den
Führerraum übertragen, ortsfeste Signale haben keine
Gültigkeit und
werden dunkelgeschaltet. Beim in Hamburg vorgesehenen ETCS-Level 2 wird
weiterhin mit Gleisfreimeldungen über Gleisstromkreise bzw.
Achszähler
gearbeitet, ein Mischbetrieb mit PZB-geführten Fahrzeugen ist
möglich.
Wird kein Mischbetrieb durchgeführt ist ein Betrieb nach ETCS-Level 2 oS, ohne ortsfeste
Signale, möglich – auch hier wird die Gleisfreimeldung von den
Stellwerken sichergestellt. Ab
ETCS-Level 3 wird die Gleisfreimeldung
von den Zügen über eine sichere
Zugvollständigkeitskontrolle selbst
übernommen – der Level 3 ermöglicht flexible
Blockabstände, den „Moving
Block“.
Der ETCS-Level 3 ist in Deutschland aktuell noch Zukunftsmusik, mit ihm
würden deutliche Kapazitätsgewinne möglich, da hier der
durch die
Gleisfreimeldeabschnitte festgelegte feste Raumabstand entfällt.
Der Digitale Knoten Stuttgart
soll
perspektivisch ETCS-Hybrid Level 3
erhalten, die Fahrzeuge werden bis
zur Eröffnung von Stuttgart 21
entsprechend vorgerüstet.
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Nach Abfahrt des ETCS-Zuges wurde
in Bergedorf der „Sensors4Rail“-Zug 261 bereitgestellt, welcher im
Gegensatz zum ohne Umfeldsensoren ausgestatteten ETCS-Zug sein Umfeld
über Sensoren wahrnimmt, sich mit Hilfe der Sensoren selbst
verorten
und Gefahren erkennen kann.
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Der 261 wurde im Herbst 2020 im
Werk Neumünster technisch umgerüstet und alle erforderlichen
Sensoren
sowie die Messtechnik installiert. Ab Dezember
2020 begannen die Erfassungsfahrten auf der Strecke
Berliner Tor – Aumühle, innerlich wie äußerlich waren
zunächst nur die
nötigen Anpassungen vorgenommen worden.
Zur Präsentation anlässlich des ITS-Weltkongresses wurde der
Triebzug
261 im Sommer 2021 im Werk
Neumünster zunächst innerlich neu gestaltet. Im Innenraum
wurden
zahlreiche
Sitze entfernt und nur die zum Triebwagenkopf zeigenden Sitze neu
bezogen wieder eingebaut. An den Windfängen wurden Monitore
installiert, die Messtechnik an den Wagenenden wurde hinter neu
eingezogenen Trennwänden „versteckt“. Neue weiße oder
weiß folierte
Wand- und Deckenverkleidungen montiert, ein neuer Fußbodenbelag
verlegt
und eine neue Deckenbeleuchtung auf LED-Basis eingebaut. Das Fahrzeug
hat nun die Atmosphäre eines Labors – letztlich dient der 261 auch
als (fahrendes) Labor.
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Abfahrbereit nach Hamburg.
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Die
Funktionsweise des Sensors4Rail-Zuges wird in diesem Video anschaulich
erklärt. Quelle:
Digitale Schiene Deutschland.
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Einen
vergleichbaren Zug gab es bisher noch nicht, zumindest nicht mit dieser
öffentlichen Präsenz. In der während der Fahrt laufenden
Animation
wurde die Funktion der Technik näher erläutert. Hier zu sehen
die
Radar-,
Lidar- bzw. Kamera-Sensoren und deren Position.
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Mittels der Sensoren kann
abhängig
vom Streckenverkauf einige hundert Meter licht- und
wetterunabhängig in
die Ferne gesehen werden, die Lidar- und Kamera-Sensoren sehen bis zu
550 Meter voraus.
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In einer HD Map von HERE sind alle Landmarken entlang
der Strecken erfasst, dabei wurden vorab keine speziellen Marken
gesetzt, es werden mit den Lidar-Sensoren die vorhandenen Landmarken in
Form von Masten, Gebäuden oder Wänden erfasst und bei der
Fahrt als
Marke zur Positionserkennung genutzt.
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Auf den Bahnsteigen oder an den
Gleisen befindliche Personen bzw. entgegenkommende Züge werden
über die
Lidar- und Camera-Sensoren erkannt und nach einer Kategorisierung
mittels KI-Algorithmen entsprechend in der HD Map dargestellt.
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Der Verlauf der Gleise und damit
der eigene Fahrweg über maximal 550 Meter wird über die
Kamera-Sensoren erkannt und dargestellt. Liegt eine Weiche im Fahrweg,
kann der Endpunkt des erkannten Fahrwegs auch kurzzeitig mal im
Gegengleis liegen…
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Darstellung weiterer Erfassungs-
bzw. Lokalisierungstechniken bei Durchfahrt Billwerder-Moorfleet mit
zahlreich hier wartenden Reisenden.
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Mit Hilfe der verschiedenen
Sensoren ist eine sehr genaue und sichere Erfassung des exakten
Zugstandortes möglich. Die verbaute Technik erreicht eine
Längengenauigkeit von 27 Zentimetern, seitlich sind es drei
Zentimeter.
Die farbigen Punkte geben an, wo sie den Zug in der HD Map verorten,
der grüne Wert ist der aus den Messpunkten errechnete sichere
Standort.
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Grün ist in dieser Animation
der
freizuhaltende Regellichtraum. Diesen Bereich tangierende
Gegenstände
aller Art werden mit roten Markern versehen. Das können Äste
von Bäumen
wie auch Signalausleger sein. Ein umgestürzter Baum z.B. ist mit
Hilfe
dieser Technik detektierbar und ein Zug, der diese Daten für sein
ATO-System nutzt könnte selbsttätig eine Gefahrenbremsung
einleiten.
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Abschließend alle
Sensortechniken
und Erfassungsarten in der HD Map auf einem Bild mit
den entsprechenden Markern. Die gesamte Fahrt wurde am Dienstag in
einem englischsprachigen Livestreaming präsentiert. Das Video von IBEO
findet sich hier.
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Im Gegensatz zu den Triebwagen der
BR 472 sind im Mittelwagen 473 061 überwiegend Stehtische montiert
worden.
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Dammtor
ist erreicht und der eine
oder andere nutzt noch die Gelegenheit für ein Foto des
Sensors4Rail-Zuges. Nachtrag 2024: Das Projekt Sensors4Rail wurde im
Mai 2023 beendet und der Zug nach Berlin überführt, wo er nun
Siemens als Konferenzraum dient. Die Zeitschrift EI hat im September 2023 einen Abschlussbericht zum Projekt veröffentlicht.
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Fotos
in Google Earth |
©
2021 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de |
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